Der Samichlaus

  

  

Am Himmel blinkten Tausende von Sternen. Die Milchstrasse zog ihre Glitzerspur über das Firmament. Pulverschnee, leicht zum fortpusten, lag auf den Wiesen, die sich wie eine Steppdecke zwischen den Waldflecken und dem zugefrorenen See erstreckten. Weisse Schlafmützen bedeckten die Wipfel der Bäume. Der Mond, dem nur noch zwei Tage zur vollen Rundung fehlten, nahm stolz den östlichen Himmel ein. Sein bleiches Licht malte lange Schatten auf die in der Kälte sanft glitzernde Schneeleinwand.

Und in dieser Nacht wurde der Samichlaus ermordet.

 

1

 

Peter Caduff war seit neunzehn Jahren Samichlaus. Mit Spass - und mit dem nötigen Ernst. Chlaus sein ist eben auch eine ernsthafte Sache. Mit Kutte und Bart ist es längst nicht getan. Gewissenhaft besuchte Caduff die Weiterbildungskurse des kantonalen Chlausenverbandes. Wenn man heute als Samichlaus zur Jugend durchdringen wollte, musste man sie auf ihren Kanälen ansprechen. Der Ersatz des traditionellen Glöckchens durch Handy-Klingeltöne war da nur der Anfang. Manche Chläuse passten sich sogar sprachlich an: „Joh, Monn, ich bin der scheiss Ssamichlauss." So weit würde Caduff aber nie gehen.

Er parkierte seinen roten Off-Roader in sicherer Entfernung von der Waldhütte, in welcher ihn eine Gesellschaft mit vielen Kindern erwartete. Hier wurde von ihm nicht nur väterliche Strenge gegenüber der Kinderschar verlangt, sondern auch die Erwachsenen wollten mit launigen Sprüchen bedacht werden. Zwischenrufe mussten humorig oder moralisierend beantwortet werden, je nach dem, von wem sie kamen. Die richtige Mischung finden - das war hohe Kunst.

Zum letzten Mal kontrollierte er den Inhalt des groben Sackes und klemmte sein Chlausbuch unter den Arm. Im Aussenspiegel überprüfte er Sitz von Kapuze und Bart, schloss den Wagen mit der Fernbedienung und machte sich auf den Weg. Während er durch den leise knirschenden Schnee ging passte er die Klingelton-Einstellung des Mobiltelefons an. Er räusperte sich und brummte in den Bart, damit seine Chlausenstimme geschmeidig war, wenn er an die Tür der Waldhütte klopfte.

"He", tönte es hinter einer breiten Eiche hervor. Caduff blieb stehen. Sein Blick suchte im Schlagschatten des Baumes nach dem Sprecher.

"Wer ist da", fragte er in die Nacht.

"Ich."

"Wer, ich?" Caduff trat ein paar Schritte näher zur Eiche hin. Die Stimme kam ihm bekannt vor. Er kniff die Augen zusammen und suchte im Schatten nach Konturen.

Trotz des hellen Mondscheins sah er den Schlag nicht kommen, der sein Leben beendete. Er stürzte lautlos in eine Schneeverwehung. Das erleuchtete Handy fiel ihm aus der Hand. Nach einer Weile erlosch es.

    

2

  

Kaum eine Stunde später wurde der Tatort nicht mehr vom Mond allein erhellt. Starke Scheinwerfer schnitten grelle Schneisen in sein bleiches Licht. Die Kutte des toten Samichlaus leuchtete wie ein riesiger Blutfleck aus dem jungfräulichen Weiss des eben hereingebrochenen Winters.

Georg Tanner, Ermittler der Kripo beider Basel beobachtete den Polizeiarzt, der den Ermordeten in der klirrenden Kälte untersuchte. Tanner hatte schon manche Leiche gesehen, doch dieser Tote machte ihn seltsam betroffen. In seinen dreiundvierzig Lebensjahren hatte er viele Chlausabende erlebt, war manchmal auch selbst Chlaus oder Schmutzli gewesen. Fröhliches Lachen, der Geruch von Erdnüssen und Mandarinen - das verband er mit diesen Abenden. Es schien ihm fast undenkbar, dass nach einem solchen Fest der Chlaus als Leiche wieder auftauchen könnte.

Einige der Mütter waren in der Zwischenzeit mit den Kindern nach Hause gefahren, während zwei Polizisten in der Waldhütte die übrigen Erwachsenen befragten. Paul Schlappach, der die Leiche gefunden hatte, stand bei Tanner in der Kälte. Sein Atem kondensierte zu weissen Wolken.

"Herr Schlappach, wie haben Sie ihn entdeckt?"

"Ich wollte aus dem Auto ein paar Flaschen Wein holen. Da habe ich ihn liegen gesehen. Und dann gleich die Polizei angerufen."

"Wann genau war das?" fragte Tanner.

"Zehn Minuten nachdem der Samichlaus bei uns fertig war, etwa um halb elf."

"Dann können wir die Tatzeit also sehr genau festlegen."

"Wieso ... nein ... ich glaube, das können Sie nicht", sagte Schlappach zwischen klappernden Zähnen hindurch.

"Weshalb nicht?" Tanner wunderte sich. Er atmete die eisige Luft ein und erklärte dem offensichtlich etwas begriffsstutzigen Mann die Sache. "Der Chlaus hat die Hütte doch aus eigener Kraft, also zweifellos lebend verlassen, nicht wahr? Zehn Minuten später wird er tot aufgefunden. Damit hätten wird den Tatzeitpunkt auf fünf Minuten genau bestimmt."

"Nein, nein", sagte Schlappach und zog zischend die Luft zwischen den Zähnen hinein. „Das ist nicht der Chlaus, der bei uns war. Unserer trug eine violette Kutte."

"Noch ein Chlaus?" Tanner musterte den Zeugen. Seinen Gedanken jagten sich. Also entweder hat der Chlaus, der bei der Gesellschaft war, auf dem Rückweg einen Konkurrenten angetroffen, es gab Streit und einen Verlierer. Oder der violette Chlaus hat den roten vor seinem Einsatz getötet. Oder es war jemand ganz anderes, der violette Chlaus hat den roten gar nicht gesehen - aber was hat der dann hier gewollt? Oder der Violette hat einen anderen Weg ....

"Die Todesursache ist ziemlich klar", sagte der Polizeiarzt Doktor Bernstein und holte Tanner aus seinen Gedanken. „Ein Schlag auf den Kopf mit dem berühmten stumpfen Gegenstand."

    

3

  

"Es kann auch ein Wilder gewesen sein", sagte Martin Wager, der Obmann des kantonalen Chlausenverbandes.

"Ein Wilder?" fragte Tanner. Seit bald einer halben Stunde sass er im Büro des Verbandes und liess sich von Wager in die Kultur des Chlausens einweihen. Und je mehr er hört, desto weniger romantisch oder freudvoll kam ihm das Chlausen vor.

"Wilde nennen wir nicht organisierte Samichläuse. Jene, die nicht Mitglied in unserem Verband sind und trotzdem gegen Bezahlung an Anlässe gehen. Die stören uns natürlich, denn die Qualität des Chlausens liegt uns am Herzen. Wenn ein nicht ausgebildeter Chlaus herumdilettiert, wirft das letztlich auch auf uns seriöse Chläuse ein schlechtes Licht. Qualität ist eben nur gewährleistet, wenn eine profunde Aus- und Weiterbildung betrieben wird. Zum Beispiel unsere Rhetorik-Kurse ..."

Tanner hatte jetzt genug über die Aktivitäten der Chläuse und ihres Verbandes gehört. Er unterbrach den Wortfluss Wagers.

"Wie soll denn ein Wilder von Caduffs Auftrag in dieser abgelegenen Waldhütte erfahren haben?"

"Vielleicht hat Peter jemandem davon erzählt."

"Hat er mit Wilden verkehrt?"

"Sie haben recht, das kann ich mir eigentlich kaum vorstellen. Oder er wusste nicht, dass er es mit einem Wilden zu tun hatte."

"Sehr spekulativ, Herr Wager. Ob Ihnen das gefällt oder nicht, ich tippe beim Täter eher auf einen Kollegen aus dem Chlausenverband. Hatte Caduff Feinde?"

"Feinde? Nein. Höchstens, dass ihm mal der Eine oder Andere einen Auftrag geneidet hat."

"Neidische Chläuse?" fragte Tanner. Aber warum nicht, es waren schliesslich alles auch nur Menschen. Und Neid ist ja geradezu ur-menschlich.

"Peter war oft für grössere Gruppen mit Kindern und Erwachsenen eingeteilt. Das ist etwas für erfahrene Chläuse. Peter war dafür der beste. Das haben ihm nicht alle gegönnt."

"Wissen Sie, ob gestern alle Ihre Leute im Einsatz waren?"

"Oh ja. Die Nachfrage ist gross. Wir machen eine detaillierte Einsatzplanung, die eine ganze Reihe von Faktoren berücksichtigt. Zum Beispiel die Reisezeit. Es macht schliesslich keinen Sinn, wenn einer zuerst in Winterkinden einen Einsatz hat, dann in Dornach und den nächsten in Läufelfingen. Da müssen ..."

"Dann sollten wir also die Alibis aller organisierten Chläuse einfach und zuverlässig überprüfen können."

"Ja, kein Problem. Wir haben ein eigenes Terminverwaltungsprogramm entwickelt und können die Aufträge unserer Leute abfragen. Hier schauen Sie." Wager setzte sich an einen laufenden Computer und startete das Programm.

"Vielleicht hatte einer eine längere Pause, die er für den Abstecher zur Waldhütte nutzen konnte." Tanner sah interessiert auf den Bildschirm, auf welchem sich eben eine immense Tabelle mit Namen, Daten, Adressen und vielem mehr öffnete.

"Unser Terminplan ist brechend voll und sehr knapp kalkuliert. Eine längere Pause kann es nur geben, wenn ein Anlass kurzfristig abgesagt wird. Was gestern nicht der Fall war."

"Und wenn einer einen Termin von sich aus hat ausfallen lassen?"

"Das wüssten wir." Der Obmann lachte. "Was, glauben sie, geschieht, wenn ein Chlaus nicht wie bestellt erscheint? Ich kriege unverzüglich einen sehr unfreundlichen Telefonanruf."

"Und vergangene Nacht kam keiner."

"Richtig. Hier sehen Sie das gestrige Programm von Werner Balsiger. Er ist übrigens einer unserer Springer. Das ist - nebenbei gesagt - auch so ein tolles Feature unseres Programms. Damit können auch kurzfristige Ausfälle organisatorisch abgefangen werden. Wie zum Beispiel gestern, als Urs Helfenstein überraschend krank geworden ist, und seine Aufträge schnellstens an andere verteilt werden mussten."

"Einer Ihrer Samichläuse ist erkrankt?"

    

4

  

Urs Helfenstein hatte sich offenbar gut von seiner gestrigen Erkrankung erholt. Tanner konnte an ihm zumindest keine äusserlichen Krankheitsanzeichen wie Blässe oder tränende Augen erkennen. Dafür tränten die Augen von Petra Helfenstein umso mehr. Als Tanner dem Paar den Grund für seinen Besuch erklärte, war sie sichtlich erschrocken, während ihr Mann recht gefasst blieb.

"Ermordet, sagen Sie? Gestern?" Helfenstein hatte sehr wohl verstanden. Tanner konnte förmlich sehen, wie sich hinter seiner Stirn die Räder drehten. Seiner Erfahrung nach waren das Fragen, die einer stellte, wenn er Zeit zum Nachdenken wollte.

"Was überlegen sie gerade?" fragte Tanner deshalb.

"Nun ja, wir waren Freunde. Nicht nur wegen der Chlauserei übrigens. Wir haben viel zusammen unternommen, unsere Frauen waren oft mit dabei. Seine seit der Scheidung natürlich nicht mehr. Wir haben sogar einmal an der Chlaus-Weltmeisterschaft in Samnaun mitgemacht. Und nun ist er plötzlich tot."

"Weshalb haben Sie sich gestern krank gemeldet?"

"Ich hatte rasende Kopfschmerzen und mir war kotzübel - entschuldigen Sie diesen Ausdruck, aber ich kann es nicht anders sagen. Und Sie können mir glauben, es ist mir schwer gefallen, abzusagen. Die Chlauserei ist mir sehr wichtig."

"Wir haben die Alibis aller Ihrer Kollegen überprüft. Nur Ihres fehlt uns noch."

"Ich war hier, im Bett. Meine Frau kann es bezeugen."

"Stimmt das?" fragte Tanner die schniefende Frau Helfenstein.

Sie nickte - und trocknete die nächste Träne.

    

5

  

Tanner klingelte an der Tür von Caduffs Wohnung, wo sein Mitarbeiter Peter Diener mit der Durchsuchung beschäftigt war. Er schüttelte ärgerlich den Kopf, als Dieser ihm mit einer Chlauskutte bekleidet die Tür öffnete. Tanner kannte ihn schon bald fünfzehn Jahre, doch an seinen speziellen Humor gewöhnte er sich nicht.

"Ho Ho Ho! Wen haben wir denn da?" fragte Diener.

"Sie halten es wohl nicht sehr mit der Pietät, was, Diener?"

"Weil ich eine Kutte des Verstorbenen trage?"

"Weil Sie unsere hoch stehende einheimische Chlauskultur mit dem dümmlichen, amerikanischen Ho Ho Ho verwässern." Tanner nickte zufrieden, weil er den sonst schlagfertigen Diener mit seiner Antwort sichtlich überrascht hatte. "Wie weit sind Sie", fragt er ihn dann.

"Im Moment untersuche ich gerade seinen Computer."

"Dann lassen Sie sich nicht aufhalten. Ich sehe mich ein wenig in der Wohnung um. Und ziehen sie diese Kutte aus."

Der Ermordete lebte seit seiner Scheidung allein, das hatten sie bisher herausgefunden. Im Schlafzimmer stand ein breites Bett, ein riesiger Schrank voller Chlausuntensilien und eine Kommode. Auch der Rest der Dreizimmerwohnung war unauffällig eingerichtet. Nur einige Bilder und Fotos wiesen auf sein Hobby hin.

"Herr Tanner", rief Diener aus dem Arbeitszimmer Caduffs. Er deutete auf den Bildschirm des Computers, als Tanner zu ihm kam. "Hier, sehen Sie, diesen Ordner. Er nennt sich Alle meine Chläuse. Sie werden staunen, was sich darin verbirgt." Tanner zählte etwa 20 Unterordner. Sie enthielten jeweils mehreren Dutzend Fotos. Diener machte nach und nach einige davon auf, wobei er breit grinste.

"Schau mal einer an." Auch Tanner sah sich die Fotos mit einem gewissen Vergnügen an. Als er dann die Namen der Ordner näher betrachtete, fiel ihm einer davon auf. Er liess Diener eines der Fotos darin öffnen. Und dann war sich Tanner ziemlich sicher, wer der Täter war.

"Können Sie mir ein paar von diesen Bildern ausdrucken, Diener?"

"Kein Problem, da steht ein Drucker."

"Ich besorge einen Durchsuchungsbefehl für Helfensteins Wohnung."

    

6

  

Petra Helfenstein öffnete die Tür und liess Tanner und Diener eintreten.

"Wir müssen Sie leider nochmals belästigen, Frau Helfenstein. Sie sind alleine?"

"Ja, aber mein Mann wird etwa in einer halben Stunde zurück sein."

"Wir sind auf Hinweise gestossen, welche eine Durchsuchung Ihrer Wohnung notwendig machen. Hier ist der richterliche Bescheid."

"Um Himmels Willen. Sie glauben doch nicht, dass mein Mann etwas mit diesem abscheulichen Verbrechen zu tun hat?" Sie schaute Tanner mit weit aufgerissenen Augen an.

"War er gestern den ganzen Abend hier? Können Sie das bezeugen?"

"Ja, er war hier, im Bett", sagte Sie. Dann fuhr sie zögernd weiter. "Aber ... ich weiss, ehrlich gesagt nicht sicher, ob er den ganzen Abend drin verbracht hat."

"Weshalb?"

"Gestern war mein wöchentlicher Jassabend. Ich wollte absagen wegen Urs' Krankheit, aber er meinte, ich solle ruhig gehen, denn ich könne ohnehin nichts für ihn tun. Um acht Uhr bin ich dann weg und etwa um zwölf zurückgekehrt. Da war Urs im Bett und schlief."

"Er hat also kein Alibi. Diener, Sie können mit der Durchsuchung beginnen. Gehört noch ein Estrich oder Keller dazu, Frau Helfenstein?"

"Wir haben unten ein Kellerabteil. Dort bewahrt Urs hauptsächlich seine Chlaussachen auf. Ich gebe Ihnen den Schlüssel."

Nachdem sie Diener erklärt hatte, welches Abteil ihres war, verschwand er in Richtung Keller. Tanner sah sich Petra Helfenstein nochmals genau an. Mittlerweile war er sich sicher, dass er sich bei den Fotos nicht getäuscht hatte.

"Der Tod Caduffs scheint Ihnen sehr nahe zu gehen, Frau Helfenstein."

"Er war ein guter Freund."

"Nur ein guter Freund?" fragte Tanner. Er erwartete, dass Frau Helfenstein nun langsam ahnte, dass sie etwas herausgefunden hatten.

"Was sonst?" fragte sie zurück. Ihr Blick wich dem von Tanner aus.

"Ich hätte von Ihnen gern eine Erklärung für dies hier." Er zog die von Diener ausgedruckten Fotos hervor und zeigte sie ihr. Darauf war Frau Helfenstein in verschiedenen Posen zu sehen. Bekleidet mit einer Chlauskutte. Nur mit einer Chlauskutte. Sie atmete tief ein und schaute auf die Fotos. Schliesslich seufzte sie.

"Ja, wir hatten eine Affäre."

"Sie wissen, dass Sie nicht die einzige sind, die er fotografiert hat?"

"Er war sehr beliebt bei den Frauen, schon bevor er heiratete. Und nach seiner Scheidung, hat er offenbar gewisse Fantasien ausgelebt."

"Haben Sie ihn geliebt."

"Nein, nein. Er war ein schöner Mann, charmant und - interessant im Bett. Und er war ein netter Kerl. Ich habe ihn sehr gemocht."

"Weiss Ihr Mann von Ihrer Affäre mit Caduff?"

"Um Himmels Willen. Wir haben immer sehr gut aufgepasst, wenn wir uns trafen."

Diener kam zur Wohnungstür herein und zeigte Tanner, was er im Keller gefunden hatte. Es waren ausgetretene Lederstiefel und ein grober Sack mit einer Eisenkugel drin, wie sie zum Kugelstossen verwendet wird. Tanner nickte.

"Und nun warten wir auf Ihren Mann."

Der kam wenig später nach Hause.

"Die Polizei nochmals bei uns? Haben Sie noch Fragen?"

"Wo waren Sie gestern Abend zwischen acht und zwölf Uhr?" fragte Tanner ohne Begrüssung.

"Hier im Bett. Krank. Meine Frau hat Ihnen das doch bestätigt."

"Ihre Frau war zur Tatzeit beim Jassen. Sie haben kein Alibi. Wir haben ihre Stiefel sichergestellt und werden sie mit Abdrücken vom Tatort vergleichen. Ausserdem lag in Ihrem Keller ein mögliches Tatwerkzeug. Unser Mediziner wird überprüfen, ob es zur tödlichen Verletzung passt. Und wir haben in Caduffs Computer dies gefunden."

Tanner zeigte Helfenstein eines der Nacktfotos seiner Frau. Der schaute es eine Weile an, dann nickte er langsam.

"Dann ist es wohl aus."

"Du ... du wusstest von unserer Affäre?" fragte seine Frau.

"Er hat mir vor einigen Tagen Fotos von dir zugemailt, mit der Frage, ob ich diesen Chlaus kenne. So ein Sauhund!"

"Dann wäre wohl alles klar", meinte Tanner. Er war zufrieden, dass dieser Fall so schnell gelöst war. „Eine Frage habe ich aber noch. Wieso sind Sie nach dem Mord nicht abgehauen, sondern haben die Gesellschaft in der Waldhütte besucht?"

"Wegen der Kinder. Die wären doch so enttäuscht gewesen, wenn der Samichlaus nicht gekommen wäre."